Ich kann mich noch erinnern, als ich meine erste private eMail-Adresse bekommen hatte. Die natürlich niemand kannte und dadurch war es regelmäßig ein Volksfest, wenn sich eine Mail in mein Postfach verirrte. Ich schätze, dass es diesen Zustand heute – zumindest im Geschäftsbereich – nicht mehr gibt. In meinen Kursen und Einzel-Beratungen ist das eMail-Chaos sehr oft das erste brennende Thema, das meine Kundinnen verändert haben wollen. Und ich frage mich: Wie kann es eigentlich sein, dass wir uns von ein paar Bits und Bytes so unter Druck setzen lassen? Dass es uns Bauchschmerzen macht und manchmal sogar Angst vor dem Öffnen des Mailprogramms bewirkt (und nein, das ist nicht übertrieben, das ist durchaus Realität).
Email-Chaos beginnt im Kopf
Bevor ich Ihnen ein paar Tipps zum Beseitigen des Chaos gebe, finde ich es wichtig, dass Sie verstehen, wieso Ihnen ein voller Posteingang unangenehme Gefühle bereitet. Am Anfang der Veränderung steht oft das WARUM, um zu erkennen, was verändert werden kann.
1) Sie glauben, Sie müssen alles aufheben
Nein, müssen Sie nicht! Natürlich gibt es im Zusammenhang mit Ihrem Business viele eMails, für die Sie eine Aufbewahrungpflicht haben (bitte fragen Sie Ihren Steuerberater, welche das sind!). Aber Newsletter, die Sie nie lesen werden? Oder gratis eMail-Kurse, die Sie nie wirklich durchmachen werden?
Nein, das ist nicht notwendig. Vertrauen Sie darauf, dass Sie die Informationen, die Sie benötigen, zum richtigen Zeitpunkt im Internet wiederfinden werden.
Wenn Sie sich ein Archiv mit interessanten Informationen aufbauen wollen, dann lagern Sie diese Aufgabe an ein anderes Tool, z.B. Pocket oder Evernote aus. Damit entlasten Sie Ihr eMail-Programm bereits wesentlich und um die Datensicherung müssen Sie sich bei Cloud-Lösungen auch nicht kümmern.
2) Sie glauben, Sie müssen alles lesen
Auch hier ein eindeutiges Nein. Müssen Sie auch nicht. Ich höre und lese von LeserInnen meines Blogs manchmal Entschuldigungen, dass sie nicht alles lesen, was ich veröffentliche. Das ist aber nicht der Sinn meiner Artikel, Videos und Kursen. Der Sinn ist, dass Sie sich genau das herauspicken können, was für Sie in diesem Moment interessant und hilfreich ist. Sie haben ja jederzeit die Möglichkeit, direkt in einem Blog oder sogar über die Google-Site-Suche Inhalte wiederzufinden.
3) Sie glauben, Sie verpassen etwas, wenn Sie nicht alles lesen
OK, das kann schon passieren. Wobei: was bedeutet „verpassen“? Meine Erfahrung zeigt mir, wie oben bereits geschrieben, dass alle Informationen da sind, wenn ich sie brauche.
Abgesehen davon, kann dieses „alles mitbekommen“ auch einen ganz schönen Druck aufbauen. Das gilt für eMails genau so, wie für Social Media. Erst kürzlich habe ich wieder von einer Kollegin gehört: „Und dann schaue ich mir an, was alle anderen so in der Zeit gemacht haben … und bekomme ein ganz schlechtes Gefühl dabei …“.
Wenn Sie aber eher die Angst haben, etwas Wichtiges zu verpassen, was Ihre Kunden oder Ihr Business angeht – dann kümmern Sie sich um einen guten Workflow Ihrer eMails, dann kann das nämlich nicht passieren.
4) Sie sind nie „fertig“
Heute fertig, leerer Posteingang – und morgen wieder voll … das ist das Spiel, das wir täglich spielen! Wenn für Sie „fertig“ gleichzeitig „abgeschlossen, nie wieder“ bedeutet (horchen Sie einmal ganz genau in sich hinein …), dann werden eMails ein Frust-Thema bleiben.
„Fertig“ ist eine Sache der Definition. Ein Stück weiter unten im Artikel definiere ich eine andere Form von fertig, Sie werden sehen, das erleichtert ungemein!
5) Sie glauben an eine falsche Erwartungshaltung
Erwarten Sie, dass Ihnen so-fort! geantwortet wird, wenn Sie eine eMail verschicken? Wenn das nicht so ist, dann sollten Sie auch nicht glauben, dass das Ihre Korrespondenz-Partner von Ihnen verlangen, oder? Und wenn doch: Dann überprüfen Sie doch, ob es wirklich so wichtig ist.
Wenn Sie ganz sicher gehen wollen, dann klären Sie das mit Ihren Kunden ganz offen ab.
Was für mich trotzdem FÜR eMails spricht.
- Ich tippe sehr schnell.
- Wenn ich nicht schreiben mag, kann ich eine Sprachnachricht oder ein kurzes Video verschicken.
- Ich rufe meine eMails nur zu bestimmten Zeiten ab und habe dadurch weniger Ablenkung.
- Ich kann eMails in Evernote archivieren.
- Ich kann eMails in ToDos in Form von Kärtchen in Trello umwandeln.
- Ich habe eMails in meinen Workflow eingebunden.
Erste Hilfe bei einem vollen Posteingang
In diesem Beitrag habe ich anhand eines vollen Posteingangs nach dem Urlaub gezeigt, wie man sehr schnell zumindest alle unwichtigen eMails herausfiltern und löschen kann. Wenn Ihr Posteingang genau jetzt voll ist (egal ob Urlaub oder nicht), dann hilft dieser erste Schritt bereits:
Die nächsten Schritte raus aus dem eMail-Chaos könnten dann z.B. folgende sein:
- Je nach Umfang Ihrer ungelesenen Mails machen Sie das in einer ruhigen halben oder auch ganzen Stunde und stellen Sie sich einen Timer (z.B. am Handy) ein.
- Legen Sie sich in Ihrem eMail-Programm einen Unterordner an, den Sie mit einem @ am Anfang benennen, damit er immer ganz oben unter Ihrem Posteingangsordner sortiert ist. Z.B. @Todo
- Beginnen Sie nun Ihre eMails im Eingangsordner durchzusehen, das Neueste zuerst, und entscheiden Sie in dieser Sekunde, was damit zu tun ist:
- Ist eine Aufgabe darin versteckt, die Sie nicht binnen 2-3 Minuten jetzt sofort erledigen können, dann verschieben Sie die eMail in den neuen Ordner.
- Gleichzeitig schreiben Sie sich diese Aufgabe auf Ihre ToDo-Liste Schreiben Sie auf die ToDo-Liste auch immer den Hinweis @Todo dazu, damit Sie wissen, dass die Informationen in diesem Ordner zu finden sind. (Ich arbeite mit Trello und schicke das eMail dann direkt auf ein Kärtchen in Trello).
- Brauchen Sie nur (geschätzt) 2-3 Minuten, um dieses eMail zu erledigen, dann tun Sie das jetzt sofort.
- Löschen Sie alle eMails, die nicht lebensnotwendig sind. Ja, auch eMails, die Sie irgendwann später einmal lesen wollten. Wenn sie wirklich sooo wichtig für Sie sind, dann machen Sie aus jeder einzelnen Mail eine Aufgabe! Das klingt mühsam? Dann löschen Sie sie vielleicht doch lieber.
- Wenn Ihnen das doch zu radikal ist: legen Sie einen weiteren Unterordner mit dem Namen @Lesen an und verschieben Sie diese eMails dort hin.
- Sobald der Timer klingelt, ist der Zeitblock zu Ende. Sie sind für heute fertig!
Wenn jetzt noch eMails (es müssten ältere sein) übrig sind, planen Sie einen weiteren Zeitblock dafür ein.
Damit es nicht mehr so weit kommt:
Bauen Sie sich einen Workflow auf!
Ein paar Ideen dazu:
- Wenn Sie viele Newsletter abonniert haben, dann nehmen Sie sich zum Beispiel als ein Wochen- oder Monatsmotto vor, diese einmal auszumisten.
- Gleichzeitig legen Sie sich eine eigene eMail-Adresse zu (wenn Sie eine eigene Homepage haben, können Sie meistens bis zu 100 verschiedene eMail-Adressen verwenden). Meine Newsletter-eMail-Adresse lautet z.B. „online@abenteuerhomeoffice.at„.
- Diese verwenden Sie in Zukunft ausschließlich dafür, kostenlose Angebote wie eBooks, etc. und eben auch Newsletter zu bestellen.
- Diejenigen Newsletter (worunter hoffentlich auch meiner fällt), die Sie behalten möchten, melden Sie entweder ab und über die neue Adresse wieder an, oder es gibt beim Versender die Möglichkeit, Ihre eMail-Adresse zu ändern.
- Jetzt bleiben eigentlich nur noch diejenigen übrig, die keine Möglichkeit beinhalten, sich abzumelden. Sie könnten sich einen Textbaustein abspeichern, in dem steht, dass Sie bitte von der Liste gelöscht werden möchten. Beim nächsten Newsletter schreiben Sie dann eine kurze Antwort . Oder Sie markieren diese einfach als Spam. Dann landen sie auch nicht mehr in Ihrem Posteingang.
Weiter geht’s mit einer Ordnerstruktur
Im Laufe der Jahre habe ich viele Unterordner in meinem eMail-Programm angelegt und auch wieder gelöscht. Folgende sind bei mir übrig geblieben, einfach weil sie sich bewährt haben.
- @Newsletter: Über eine Regel im eMail-Programm werden nun, nachdem Sie nach und nach die Newsletter umgeleitet haben, alle diese eMails automatisch hierhin verschoben. In diesen Ordner schauen Sie also nur hinein, wenn Sie Zeit und Lust dazu haben. Wenn Sie länger nicht hineinschauen können, sind da ganz schnell 100 und mehr eMails drinnen. Wie Sie damit umgehen, kommt darauf an, welcher Typ Sie sind. Entweder Sie sortieren diese Newsletter nach Absender, um nach einem kurzen Blick auf die Betreffzeile zu entscheiden, ob Sie das nicht z.B. schon woanders gelesen haben. Oder Sie löschen rigoros, weil Sie diese Anzahl einfach erschlägt oder unter Druck setzt. Es passiert nämlich gar nichts Schlimmes, wenn Sie sie ungelesen löschen. Wie bereits geschrieben: Keine Information kommt nur einmal! Wenn Sie sie brauchen werden Sie sie wieder finden!
- @Info zu Termin: Hier hebe ich alle eMails auf, die für einen zukünftigen Termin wie z.B. Webinare, Vorträge oder auch Kundentermine wichtig sind. Also Zugangs-Links, Routenbeschreibungen, usw. In diesen Ordner schaue ich nur hinein, wenn ich einen Termin im Kalender eingetragen habe – im Zuge der Tagesplanung.
- @Netzwerke: Dieser Ordner hat noch viele Unterordner. Zum Beispiel Facebook, Google+, XING, usw. Wieder über eine Regel im eMail-Programm werden dorthin automatisch alle Benachrichtigungen verschoben, die ich noch nicht abgestellt habe. (Ich bestelle sie übrigens deswegen nicht alle ab, weil ich hier auf einen kurzen Blick sehen kann, ob ich reagieren sollte.) Während meiner Social-Media-Routine schaue ich hier auch herein.
Bei all den Tipps ist eines für das Funktionieren eines Systems ganz wichtig:
Öffnen Sie Ihr eMail-Programm nur dann, wenn Sie auch Zeit haben, die eMails abzuarbeiten! Damit greifen Sie sie nämlich nicht mehrmals an und es gibt keinen Stau im Posteingang.
Ich freue mich, wenn Ihnen diese Tipps helfen, entspannter mit der eMail-Flut umzugehen. Wenn Sie für sich ein gutes System gefunden haben – schreiben Sie mir eine Nachricht im Kommentar, ich finde andere Erfahrungsberichte immer spannend und lehrreich!
Claudia Kauscheder ist dein Scout im Abenteuer Home-Office! Selbst schon seit 20 Jahren im Home-Office tätig und technikaffin hat sie in ihrem Arbeitsplatz ihre Leidenschaft entdeckt. Sie unterstützt dabei, Ihr Potential im Home-Office auf die Straße zu bringen, Disziplin durch Motivation zu ersetzen und den Überblick und Fokus zu behalten. Damit Sie mehr Zeit für Ihre Herzensprojekte, Kunden und sich selbst haben.
Artikel veröffentlicht: Februar 2016
Quellen: Titelfoto: William Iven auf Unsplash.com